Eine „geschenkte" Kreuzfahrt auf dem Nil
10.10. - 17.10.2007

Von einer Payback-Organisation wurde uns im März eine Nilkreuzfahrt von Luxor nach Assuan und zurück angeboten, mit Verlängerungsmöglichkeit (Badeurlaub im Raum Hurghada am Roten Meer). Die Kreuzfahrt einschließlich Vollpension sollte kostenlos sein, man musste nur den Flug bezahlen. Es war auch freigestellt, eigenständig an- und/oder abzureisen. Veranstalter war das Reisebüro BigXtra aus München. Mit diesem waren wir vor zwei Jahren zu denselben Konditionen im Rahmen einer Leserreise der Süddeutschen Zeitung in der Türkei unterwegs und haben dort gute Erfahrungen gemacht.

Im Tempelbezirk von EdfuNil zwischen Edfu und Kom Ombo

Wir buchten eine Woche Nilkreuzfahrt auf einem 4-Sterne-Schiff (5-Sterne-Schiff gegen Aufpreis von 54 EUR) vom 10. - 17.10. Für dieses Datum wurde für den Flug von München nach Luxor ein Flugpreis von 208 EUR pro Person und Richtung verlangt (im Sommer billiger).

Im Tempelbezirk von Philae bei Assuan

Am Reisetag (10.10.) war es in München sonnig, aber leicht dunstig; am Flughafen im Erdinger Moos herrschte dagegen Nebel. Planabflug war um 09:45. Die Abflugzeit wurde zweimal um eine halbe Stunde verschoben. Gegen 11 Uhr kam die Durchsage, unser Flugzeug sei jetzt in Stuttgart gelandet. Es ging das Gerücht um, das Flugzeug habe wegen fehlender Blindfluglizenz des Piloten nicht in München landen können. - Gegen 12:30 wurden Verzehrgutscheine im Wert von (völlig unzureichenden) 5 EUR verteilt. Um 14:15 kam dann die Durchsage, die 156 Passagiere würden zum Flugzeug nach Stuttgart gefahren. Am Gepäckband musste man das Gepäck wieder in Empfang nehmen und wieder durch die Passkontrolle. Mehrere Personen wollten von der Reise zurücktreten; diesen wurde jedoch klargemacht, dass 95% des Reisepreises einbehalten würden. Nach einer halben Stunde kam der erste von drei Bussen angefahren (Fa.Hadersdorfer, Moosburg). Da es sich teilweise um Linienbusse mit wenig Gepäckraum handelte, musste das Gepäck auf andere Busse verteilt werden. Aus diesem Grund und bis die Passagiere durchgezählt waren, verzögerte sich die Abfahrt bis um 15:30. Bei der Fahrt nach Stuttgart lief bei einem der drei Busse die Bremse heiß, weil der Fahrer beim Abstieg von der Schwäbischen Alb am Drackensteiner Hang nicht zurückgeschaltet, sondern nur mit der Fußbremse gebremst hatte. Wegen heftiger Rauchentwicklung wurde die Polizei benachrichtigt, welche den Bus einige Zeit anhalten ließ. - Allmählich bekam man großen Hunger, und es gab kaum Lebensmittel zu kaufen. - In Stuttgart stand ein Airbus A320 von „Air Cairo" bereit; der Abflug erfolgte - mit elf Stunden Verspätung! - um 20:45; Landung in Luxor gegen ein Uhr. In der Zollhalle war ein Aushang: Visagebühr 15 US-$ (entspricht etwa 11 EUR). Im Bus, der uns zum Schiff gebracht hat, wurde jedoch bekanntgegeben: jede Person bezahlt 30 EUR Visagebühr. Alle außer mir bezahlten klaglos. Als ich nur 15 EUR pro Person bezahlen wollte, wurde intensiv auf mich eingeredet; ich verstand jedoch nicht, wie das Geld verwendet wird. Quittung bekam man auch keine. - Dann wurden wir die kurze Strecke bis zum Schiff mit dem Namen „Rêve du Nil" (Niltraum) gefahren. Es gab noch belegte Brötchen und eine kurze Besprechung; gegen halb drei Uhr in die Kabine. Auf dem Schiff waren 66 Passagiere und angeblich 70 Mann Besatzung, diese allesamt männlich.

Überfahrt nach Philae Felsengräber gegenüber von Assuan

Für den nächsten Tag war als Programmpunkt das Tal der Könige vorgesehen. Wegen der verspäteten Ankunft konnte jedoch die übliche Abfahrtszeit um halb sieben morgens nicht eingehalten werden, deshalb wurde diese Besichtigung auf das Ende der Reise verschoben. Nach Ablegen um 8 Uhr war man dann den ganzen Tag auf dem Schiff. Am späten Vormittag stellten die beiden Reiseleiter in der Bar die angebotenen Ausflüge vor. Im Angebot waren ein Ausflugspaket (an vier Tagen) zum Preis von 160 EUR; darin enthalten: Reiseleitung, Bus- und Bootsfahrten, soweit erforderlich, und die Eintrittspreise für die Tempel von Edfu, Kom Ombo, Philae, Luxor und Karnak, für den Tempel der Hatschepsut sowie für den Botanischen Garten auf der Kitchener-Insel bei Assuan. Zusätzlich konnten gebucht werden ein Besuch im Nubischen Dorf in Assuan (17 EUR), eine Fahrt nach Abu Simbel (knapp 300 km von Assuan entfernt, 80 EUR) sowie eine Kutschenfahrt in Luxor. Die meisten Reiseteilnehmer haben sofort alle Ausflüge gebucht, ich zunächst nicht. - Nach dem Passieren der Schleuse in Esna gegen 14:30 (ohne Wartezeit) legte das Schiff nach 20 Uhr in Edfu an. In Ägypten hat die Umstellung auf Winterzeit bereits stattgefunden, so dass es bei der Ankunft keine Zeitdifferenz gab. Dafür ging die Sonne gegen 17:15 unter, und um 18 Uhr war es völlig finster. - Zu meiner Verwunderung las ich unsere Kabinennummer - versehen mit einem Stern - auf der Liste einer Reisegruppe des Ausflugspakets, das ich überhaupt nicht gebucht hatte. Als wir das Schiff zum nächtlichen Basar-Besuch verlassen wollten, wurde uns vom Reiseleiter gesagt, ich wir hätten als einzige das Ausflugspaket (160 EUR) nicht gebucht.

Das Katarakthotel in AssuanStundenlange Wartezeiten an der Schleuse in Esna!

3.Tag (12.10.): 6 Uhr Wecken, um 7 Uhr geht's mit dem Bus zur Tempelanlage von Edfu. Da mir - obwohl ich mehrere Reiseführer bei mir habe - die Informationen fehlen, wie weit der Tempel von der Schiffsanlegestelle entfernt liegt, buche ich jetzt doch das Ausflugspaket zu 160 EUR. Bei der Bezahlung (mit Visa- oder MasterCard) werden auch gleich 30 EUR Trinkgeld für die Besatzung eingezogen. Der Tempel liegt am Rand der Innenstadt, etwa anderthalb km vom Schiff entfernt. Am Liegeplatz stehen Pferdekutschen bereit für die Fahrt dorthin. Um halb zehn geht's auf dem Schiff weiter, das erst bei einbrechender Dunkelheit um halb sechs in Kom Ombo anlegt. Die dortige Tempelanlage befindet sich unmittelbar an der Schiffslände. Nach einer Stunde durfte man aussteigen; Besichtigung der Tempelanlage bei Nacht, dann auf dem Schiff weiter nach Assuan.

4.Tag (13.10.): 6 Uhr Wecken, 7 Uhr Fahrt mit Bus und Boot zum Philae-Tempel, weiter zum Assuan-Staudamm, danach Verkaufsveranstaltung in einem Parfüm-Verkaufsladen in Assuan, weiter zum unvollendeten Obelisken. Um 14 Uhr mit Segelboot (Felucke) zur Kitchener-Insel (Botanischer Garten). Falls gebucht, schließt sich der Besuch im Nubischen Dorf an; die andern fahren auf dem Segelboot, das gegen den Wind kreuzen muss, zurück nach Assuan. Abends um halb zehn gibt's Nubische Folklore auf dem Sonnendeck. Die ersten Reiseteilnehmer bekommen Durchfall.

Unser Schiff, die „Rêve du Nil" (in Luxor)

5.Tag (14.10.): wer den Ausflug nach Abu Simbel gebucht hat, wird um 03:15 geweckt. Abholung um 4 Uhr, danach vergeht einige Zeit, bis sich der Konvoi (49 Fahrzeuge) gesammelt hat. Aus Sicherheitsgründen werden die Überlandstrecken in Ägypten im Konvoi gefahren. Nach zweimal dreistündiger Busfahrt und etwa zweistündigem Aufenthalt in Abu Simbel sind die Teilnehmer zum Mittagessen um 13 Uhr zurück auf dem Schiff. Wir machen dies nicht mit, streifen dafür durch den Basar von Assuan und fahren mit der Einheimischen-Fähre hinüber zur Elephantine-Insel; dort gibt es überhaupt keine Touristen. - Wegen technischer Probleme verzögert sich die Abfahrt des Schiffes bis um 15:40. Auf dem Schiff Unterhaltungsprogramm durch den Reiseleiter; um halb elf wird in Edfu angelegt. Viele Reiseteilnehmer haben jetzt Durchfall.

Im „Tal der Könige" westlich von Luxor

6.Tag (15.10.): Um fünf legt das Schiff ab und erreicht gegen halb neun die Schleuse von Esna. Diese passieren wir nach stundenlanger Wartezeit erst gegen Mittag (eine zweite Schleusenkammer ist in Bau). Gegen 15 Uhr wird an der Brücke südlich von Luxor angelegt. Von dort geht es mit Bus zum Karnak-Tempel. Dort gibt es einen Besucherandrang wie beim Oktoberfest am Samstag Nachmittag. Es schließt sich eine Verkaufsveranstaltung in einer Papyrus-Handlung an, danach wird bei Nacht der Luxor-Tempel besichtigt. In der Bar wird ein Bauchtanz dargeboten.

Tempel der Hatschepsut westlich von LuxorÜberfahrt zum Philae-Tempel bei Assuan

7.Tag (16.10.): Wecken schon um halb sechs; eine Stunde später geht es mit dem Bus zum Tal der Könige und zum Tempel der Hatschepsut, danach Verkaufsveranstaltung (Alabaster); kurzer Halt bei den Menon-Kolossen, danach zurück zum Schiff. Am Nachmittag steht eine Kutschfahrt durch Luxor auf dem Programm (Zusatzkosten). Bei der Bekanntgabe der Abreise-Informationen meint der Reiseleiter, man solle Ägypten weiterempfehlen, andernfalls habe er keine Arbeit mehr, und er droht: „dann komme ich zu Ihnen". Um neun abends findet im Karnak-Tempel eine deutschsprachige Lichtschau statt; diese wird für 25 EUR angeboten. Wir fahren mit dem Taxi für etwa 2 EUR dorthin (etwa 2 km vom Schiff entfernt). Der Eintritt zu der etwas fragwürdigen Veranstaltung kostet 80 LE (Livre Égyptien, Ägyptisches Pfund), etwa 10 EUR, d.h. wir bezahlen nur etwa halb so viel wie die Leute, welche die Lichtschau beim Reiseleiter gebucht haben.

8.Tag (17.10.): Weckruf bereits um 00:15, eine Stunde später Abholung. An der Gepäckabfertigung muss ich eine ganze Stunde anstehen, da alle Fluggäste gleichzeitig herangekarrt werden und für etwa 150 Passagiere nur eine einzige Abfertigung geöffnet ist. Nachdem der Großteil der Pssagiere bereits die Bordkarten-Kontrolle passiert hat, kommen diese plötzlich wieder zurück: der Abflug wird um eine Stunde verschoben mit der Begründung „schlechtes Wetter in München" (dort ist es aber wunderschön sonnig); es erfolgen keinerlei Durchsagen zur Flugstrecke, aber ich sehe, dass es über Santorin, Athen, Dubrovnik, Zagreb, Klagenfurt, den Dachstein und Salzburg nach München geht, Landung gegen halb zehn; zuvor Durchsage im Flugzeug: „Wir danken Ihnen, dass Sie für Ihre Reise Air Cairo gewählt haben!", gefolgt von allgemeinem Gelächter.

Im Tempelbezirk von EdfuAuf dem Sonnendeck der „Rêve du Nil"„München Bazar" in Assuan

Preise der Eintrittskarten (im Ausflugspaket enthalten):
besucht amPreisangaben in LE (Ägypt.Pfund); 8 LE = 1 EUR)
12.10.Edfu, Tempel40
12.10.Kom Ombo, Tempel40 ?
13.10.Assuan, Philae-Tempel40
13.10.Assuan, Unvollendeter Obelisk25
13.10.Assuan, Botanischer Garten auf der Kitchener-Insel25 ?
15.10.Luxor, Karnak-Tempel50
15.10.Luxor, Luxor-Tempel50
16.10.Tal der Könige (westlich Luxor)70
16.10.Tempel der Hatschepsut (westlich Luxor)40 ?
Summeca.380 LE (ungefähr 50 EUR)

Fazit: Insgesamt eine wunderschöne Reise, welche jedoch bei manchem Reiseteilnehmer durch die Durchfallerkrankung beeinträchtigt wurde. Betroffene Personen mussten vielfach auf die bereits bezahlten Ausflüge verzichten.
Zu dieser Jahreszeit ist es in Oberägypten noch sehr heiß, mit Temperaturen von mehr als 40 Grad, z.B. in Assuan oder im Tal der Könige westlich von Luxor. Um der größten Hitze und dem Massenandrang der Besucher auszuweichen, wurden die frühen Weckzeiten festgelegt.
Zwei Tempelanlagen (in Kom Ombo und in Luxor) konnte man nur bei Nacht besichtigen, was zwar romantisch, aber zum Fotografieren ungeeignet ist.
Auf dem Schiff hatten wir eine Außenkabine in Fahrtrichtung links. Das Schiff lag drei Nächte in Luxor und zwei Nächte in Assuan mitten in der Stadt an der stark befahrenen Uferstraße. Weil in Ägypten Autos und Motorräder ständig hupen, war auf der linken Schiffseite die Nachtruhe ziemlich beeinträchtigt.

Das Essen auf dem Schiff war, wie auf Kreuzfahrten üblich, sehr reichlich, aber auch ziemlich eintönig. Man musste sich selbst am Büfett bedienen. Von manchem Fahrgast wurde beim Frühstück Butter vermisst; Butter soll es nur auf den 5-Sterne-Schiffen geben.
Wegen Verstopfungsgefahr sollte man benutztes Toilettenpapier nicht in die Kloschüssel, sondern in einen Korb werfen, was eine unappetitliche Zumutung ist.
Ein großes Ärgernis ist die Abzocke mit den Visagebühren und den Ausflügen. Nennenswerte Busfahrten - und auch diese umfassten jeweils eine Fahrstrecke von höchstens 40 km - gab es lediglich in Assuan (zum Philae-Tempel und zum Staudamm) und nach Theben-West (zum Tal der Könige). Der Bus wird hauptsächlich dazu benötigt, um die verschiedenen Verkaufsveranstaltungen anzufahren. Wenn der Anteil der Eintrittskarten 50 EUR ausmacht, so ist der Preis für das Ausflugspaket mit 160 EUR mindestens um das Doppelte überteuert. Offenbar wird so die „geschenkte" Reise gegenfinanziert. Außer dem Ausflug nach Theben-West (Tal der Könige, Tempel der Hatschepsut) hätte man die Besichtigungen völlig problemlos in Eigenregie durchführen könnnen und dabei pro Person etwa 100 EUR gespart. Insbesonders der angebotene Ausflug nach Abu Simbel liegt im Billiglohnland Ägypten mit 80 EUR erheblich über dem mitteleuropäischen Niveau, wo z.B. eine Tagesfahrt von Mittenwald ins 400 km entfernte Venedig für 48 EUR angeboten wird.

Betsaal auf der Elephantine-Insel bei AssuanTouristenrummel im Tempelbezirk von Karnak bei Luxorim Tempelbezirk von Edfu

Kosten der Reise (für 2 Personen):EUR
S-Bahn von München zum Flughafen und zurück25
Flugtickets München - Luxor - München832
Abzocke mit Visagebühren (30 US-$) 60
Ausflugspaket320
Trinkgelder für die Besatzung60
Lichtschau im Karnak-Tempel25
Getränke auf dem Schiff33
Einkäufe70
Filme und Papierabzüge20
Summeca.1450 EUR

Das ist doch praktisch geschenkt!

 Druckversion  wf@wrfm.de (Oktober 2007)